Der Freundeskreis Landshut-Nowosibirsk

Wenn man Leuten, die nicht in der Region Landshut leben, davon erzählt, dass den Landkreis Landshut eine sehr lebendige Partnerschaft mit dem Rayon (Bezirk) Nowosibirsk verbindet, schaut man oft in erstaunte Gesichter. Aber genau dies ist der Fall: Jedes Jahr unternehmen eine ganze Reihe von Gruppen Fahrten in die jeweilige Partnerschaftsregion. Es ist das Verdienst des rührigen Freundeskreises Landshut-Nowosibirsk, an dessen Spitze seit November 2012 die Sozialpädagogin Gabriele Becker steht.

Der Freundeskreis ist Motor und Seele dieser Partnerschaft. Er wurde viele Jahre von Helmut Wimmer geleitet, dem früheren Bürgermeister von Bodenkirchen. Auch der frühere Bürgermeister von Pfeffenhausen, Arno Wolf, hat sich einen fast legendären Namen als Russland-Enthusiast gemacht. Sie, viele Mitstreiter, und auf sibirischer Seite besonders die Russland-Deutschen Dr. Ortwin Bergen und Prof. Reginald Zielke haben die Partnerschaft auf solide Füße gestellt.

Lehrer und Feuerwehrleute, Musiker und Verwaltungsfachleute, Schüler, Studenten und Dozenten, Politiker und Ärzte – die Liste der Berufe der Menschen, die seit den Jahren 1989/1990 die jeweilige Partnerregion aufgesucht haben, ließe sich um viele verlängern. Erfahrungen auszutauschen, die Lebenswelt der anderen kennenzulernen – das sind mit die wichtigsten Triebfedern der Partnerschaft zweier Regionen, die  fünf Zeitzonen und rund 5000 Kilometer Luftlinie Entfernung trennen.

Brücke zwischen zwei Völkern

Auf dieser Luftbrücke über den Ural herrscht seit einem Vierteljahrhundert ein reger Austauschverkehr in beiden Richtungen. Das hätte sich am Anfang kaum einer zu erhoffen gewagt – damals, als der Unternehmer Hans Maier aus Bodenkirchen in Nowosibirsk nach Möglichkeiten zum Torfabbau suchte. Daraus wurde nicht viel.

Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Partnerregionen, die auf dem Landweg über 6000 Kilometer auseinanderliegen, sind bis heute recht überschaubar (auch wenn manchmal russische Wirtschaftsexperten  kommen und Agronomen sich in Biogas-Anlagen umschauen). Aber dafür legte Maier die Grundlage für eine Partnerschaft zwischen den Menschen zweier Völker.

Die Freundschaft ist seither immer enger geworden, auch über manche politische Großwetterlage hinweg. Eine reife Leistung für einen Verein mit rund 130 Mitgliedern. Der Freundeskreis findet dabei die Unterstützung vieler Bürger der Region, die sich z. B. als Herbergs-Eltern für junge Leute aus dem Rayon Nowosibirsk zur Verfügung stellen. Der Verein organisiert u. a. jedes Mal interessante Fahrten, auf denen die russischen Gäste weitere wertvolle Eindrücke von ihrem Gastland erhalten.

Praktika im besten Wortsinn

Eine Konstante der Partnerschaft bildet der Austausch von Verwaltungsexperten und von Studenten der Verwaltungshochschule für ganz Sibirien, die in Nowosibirsk ihren Sitz hat. „Sibirisches Institut für Verwaltung – Filiale der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und ­öffentliche Verwaltung“ heißt die Hochschule.

Die russischen Studenten, die brillante Deutschkenntnisse haben, absolvieren in Gemeinden des Landkreises Praktika im besten Sinne des Wortes: Sie lernen hautnah in der Praxis die Aufgaben, die rechtlichen und politischen Spielräume von Kommunen auf der Grundlage der kommunalen Selbstverwaltung kennen, dem Kernstück des föderalen demokratischen Systems Deutschlands. Natürlich werden die russischen Gäste auch mit Aufgaben und Einrichtungen des Landkreises vertraut gemacht.

Bajuwaren und Tataren

Aber auch Lehrer(innen) aus Sibirien ­drücken quasi noch einmal die Schulbank und lernen die Schulart kennen, die in etwa dem Schulzweig in ihrer Heimat entspricht. Auch viele andere Projekte wurden über die Jahre umgesetzt: Vor Jahren flogen russische Jugendliche und Archäologen nach Niederbayern, um Bajuwaren-Gräber zu erforschen. In Sibirien erkundeten sie dann mit den deutschen Austausch-Schülern Grabhügel aus der Zeit der Tataren.

Zusammen mit dem Katholischen Jugendsozialwerk und der Nowosibirsker Berufsfachschule für Ernährungs-Berufe konnte der Freundeskreis z. B. auch einen Berufsschüler-Austausch organisieren. Die Aktivität des Freundeskreises findet ihre Grenzen meist nur an den finanziellen Möglichkeiten.

Besuch in der Heimat der Ahnen

Hier hat Landrat Peter Dreier schon im ersten Jahr seiner Amtszeit Akzente gesetzt: Dank der Unterstützung des Landkreises ist der Wunsch einer ganzen Gruppe älterer Russland-Deutscher in Erfüllung gegangen, die Heimat ihrer Ahnen kennen zu lernen. Es waren Mitglieder des Folklore-Ensembles „Begeisterung“, das im Russisch-Deutschen Haus Nowosibirsk gegründet worden war. Bei einer kleinen Konzertreise durch die Region Landshut wurden sie ihrem Namen gerecht.

Auf ein begeistertes Publikum sind auch all die anderen Musik- und Tanzgruppen gestoßen, die in den vielen Jahren der Partnerschaft nach Niederbayern gereist sind: Die Weltsprache Musik ist auch ein Kitt dieser  guten Beziehungen.

„Je mehr Menschen einander kennenlernen, desto breiter und fester wird die Basis für die Partnerschaft zwischen dem Landkreis Landshut und dem Rayon Nowosibirsk“, hat Landrat Peter Dreier bei einem Empfang von Gästen aus Sibirien betont. Vor allem setzt er auf die Jugend, wie er bei verschiedenen Begegnungen mit jungen Leuten aus beiden Staaten betont hat: Gemeinsam sollen sie eine gute Zukunft aufbauen.

Elmar Stöttner